Autor: W Koksch

Der folgende Artikel „Zu den Anfängen der Modernen Privatpost im Raum Jena“ wurde in den Verbandsnachrichten 2/2013 des Landesverbandes Thüringer Philatelisten e.V. veröffentlicht.

Zu den Anfängen der Modernen Privatpost im Raum Jena
Melchior Lemke und Peter Puff, Jena

Im Postgesetz von 1997 wurden der 1995 durch Privatisierung der „Deutschen Bundespost“ gegründeten „Deutschen Post AG“ befristete Exklusivrechte bis Dezember 2007 eingeräumt. Im Gegenzug hatte sie sich zu „Universal-Dienstleistungspflichten“ zu bekennen. Dadurch war der Weg frei für den Aufbau privater Post-Dienstleister, die bis 2007 aber nur Dienstleistungen anbieten durften, für die die Exklusivlizenz der „Deutschen Post AG“ nicht galt.
Diese Lizenzen in den Gruppen A bis F wurden von der eigens dafür geschaffenen Bundes-Netz-Agentur vergeben und waren wie folgt definiert:

Im Folgenden wird eine Übersicht über die Entwicklung der in Jena agierenden Postdienstleister gegeben. Die Reihenfolge der Firmen entspricht dem jeweils ersten Vorkommen ihrer Belege in Jena. Soweit möglich, wurde dabei versucht, Zusammenhänge der Firmen über die Lizenz­nummer, Telefon-Nummer oder anderer Angaben herzustellen. Die Abbildungen beschränken sich auf die jeweils frühen Stempel.

Der Bote Jena’s hatte schon 1995 begonnen, im Stadtgebiet von Jena Briefe und Pakete von Gewerbetreibenden für ein unter dem Posttarif liegenden Entgelt zu befördern. Seit Februar 1999 verfügte er über eine Lizenz zur Briefbeförderung.
Die ersten verwendeten Stempel besaßen noch keine Datumsangabe (Abbildung 1). Sie sind mindestens ab November 1996 im Einsatz. Erst ab April 1997 sind Kreisstempel mit zusätzlichem Datumseindruck bekannt (Abbildung 2).
Im März 1999 gab das Thüringer Oberlandesgericht einer Klage der Deutschen Post AG auf Unterlassung statt. Seit dieser Zeit sind keine Belege dieses Dienstes mehr bekannt.

Abbildung 1	Abbildung 2

Es sind zwei verschiedene Stempel bekannt. Der erste wurde von 12/97 bis 4/98 verwendet (Abbildung 3), der zweite von 7/98 bis 3/99 (Abbildung 4).

Abbildung 3	Abbildung 4

Hier sind zwei Kastenstempel bekannt. Der Vierzeiler ohne Rahmen mit der vom Fahrrad-Aktiv Kurier her bekannten Telefon-Nummer 44 73 11 wird von Mai 1999 bis Juni 2001 verwendet (Abbildung 5), der Vierzeiler mit Rahmen und neuer Telefon-Nummer 35 75 75 von Dezember 2000 bis Oktober 2001 (Abbildung 6).

Abbildung 5	Abbildung 6

Wenn es zu Verspätung bei der Zulieferung kam, gab es einen Zusatz-Stempel (Abbildung 7).
Interessant ist hier der abgebildete Laufvogel, den wir später als Logo beim City-Kurier wieder entdecken.

Abbildung 7

In der ersten Zeit wurde sowohl ein zweizeiliger Stempel verwendet, mit handschriftlichem Datumseintrag und einem Radfahrer-Logo (Abbildung 8), als auch ein vierzeiliger Stempel, mit Datum und Telefon-Nummer (Abbildung 9).

Abbildung 8	Abbildung 9

Ende 2000 kam ein Zweikreis-Stempel mit der Firmenbezeichnung Brief Express Jena und dem Datum auf, ergänzt mit dem schon bekanntem Radfahrer als Firmenlogo, der Lizenznummer und einer Preis-Info (Abbildung 10).
Nach Änderung von Firmensitz und Lizenz-Nummer wurde letztere im Stempelbild geändert (Abbildung 11).

Abbildung 10	Abbildung 11

Die ersten Belege mit CityKurier-Stempel in Jena tauchen im Jahr 2000 auf (Abbildung 12). Interessant an diesem Stempel ist die Telefon-Nummer 82 96 46. Sie ist dieselbe wie beim „Boten Jena’s“. Auch die Adresse ist dieselbe. Ebenso interessant ist der Hinweis „Filiale Jena“ im Stempel. Er bezieht sich auf den Naumburger CityKurier, der neben Jena auch noch weitere Filialen, u.a. in Weißenfels, Zeitz und Bitterfeld, unterhielt.
Der Naumburger Citykurier war wiederum eng mit der Naumburger CitySchutz GmbH verbunden.
Das könnte auch erklären, warum die Lizenz 99/0815 an die Jenaer City Schutz GmbH im Steinweg 1 vergeben wurde, die wie in Naumburg auch in Jena im selben Gebäude wie der CityKurier residierte.
Da der Naumburger City-Kurier Ende 2000 seinen Dienst einstellte, machte sich eine Neuausrichtung erforderlich. Mit neuer Lizenz 00/1302, neuem Stempel (Abbildung 13), neuer Telefon-Nummer 35 75 75 (die auch wieder bekannt ist und von der „HIN & WEG GbR“ stammt), dann auch neuem Logo mit dem ebenfalls von „HIN & WEG“ bekanntem Laufvogel (Abbildung 14) und neuem Firmensitz in der Ernst-Abbe-Str. 5 erfolgte eine enge Zusammenarbeit mit dem Geraer CityKurier und dann auch innerhalb der Kurierunion mit über 20 weiteren Kurierdiensten in Thüringen und Sachsen.
Philatelistisches Ergebnis sind bis heute über 50 Hand- und Maschinenstempel und fast 10 Markenausgaben, wenn man nur diejenigen mit direkten Jena-Bezügen zählt.

Abbildung 12	Abbildung 13
Abbildung 14

Die Bamberger AIVOS GmbH hatte um das Jahr 2000 über 50 Franchise-Partner, über das gesamte Bundesgebiet verteilt. In Thüringen gab es drei Filialen, in Pößneck, Neustadt und Jena. Ende 2003 musste die AIVOS GmbH einen Insolvenzantrag stellen.
Belege mit Jenaer Telefon-Nummer im Stempel sind von Februar 2001 bis Januar 2002 bekannt; in diesem Zeitraum gibt es auch Belege von Jenaer Absendern, mit Stempeln der Pößnecker und Neu­städter Filiale versehen.
Innerhalb dieses Zeitraumes gab es verschiedene Adaptionen des Grundstempels, von denen zwei in den Abbildungen 15 und 16 gezeigt werden.

Abbildung 15	Abbildung 16

Am 1.7.1999 wurde in Gera der Saale-Holzland -Kurier gegründet. In den Folge-Jahren gab es Filialen in Altenburg, Greiz, Jena, Saalfeld und Weimar.
Die Stempel der Jenaer Filiale sind durch die Jenaer Telefon-Nummer leicht zu identifizieren. Dieser erste Stempeltyp ist von November 2000 bis November 2002 nachgewiesen (Abbildung 17).
2003 gab es ein neues, für alle Filialen einheitliches Stempel-Layout mit Geraer Telefon-Nummer.
Linksseitig gab es aber die Möglichkeit, über wechselnde Einsatz-Stücke auf den jeweiligen Absender aufmerksam zu machen. Für diesen zweiten Stempel-Typ sind im Zeitraum Januar 2003 bis April 2004 mehrere Jenaer Nutzer dieses Kurier-Dienstes nachweisbar, u.a. die Stadtverwaltung Jena sowie das Amtsgericht Jena (Abbildung 18). Im April 2004 erfolgte eine Umstrukturierung und Neufirmierung als SAFEMAIL GmbH.

Abbildung 17	Abbildung 18

Belege sind nur aus dem Jahr 2003 bekannt, zwei verschiedene Stempel, beide mit der neuen Firmenbezeichnung, aber ohne Verweis auf die neue Lizenz-Nummer. (Abbildung 18a und 19).

Abbildung 18a	Abbildung 19

Dieser Kurierdienst beförderte neben vielem anderen auch Briefe. Belege sind aus dem Jahren 2003 bis 2009 bekannt. Da der Stempel keinen Datums-Eintrag besitzt, ist eine nachträgliche Datierung äußerst schwierig (Abbildung 20).

Abbildung 20

Die Firma ging im April 2004 aus dem Saale-Holzland-Kurier hervor. Firmensitz war 2004 noch Gera, 2005 bis heute ist es Hermsdorf. Dort steht auch das moderne Sortierzentrum.
Filialen in Jena waren Am Anger 32 und später am Reifsteinweg 20.
Abbildung 21 zeigt den Grundtyp des Aufklebers, Abbildung 22 den Grundtyp des Stemplers. Beide haben sich, von geringen Variationen des Layouts abgesehen, bis heute gehalten. Neben der Stadtverwaltung Jena gibt es auch das Finanzamt Jena, das Justizzentrum Jena, den Kommunalservice Jena und die Sparkasse Jena als Kunden.

Abbildung 21	Abbildung 22

Anfangs unter dem Namen von Martina Schütze entstand ab Februar 2004 im Betriebsbahnhof der Jenaer Straßenbahn ein sich rasch regional ausbreitender Briefkurier. Die ersten Stempel waren noch einfach gestaltet (Abbildung 23 und 24).

Abbildung 23	Abbildung 24

Doch bald machte die Firma mit zahlreichen grafisch gelungenen Sonderstempeln und ansprechenden Briefmarken, Blocks und Kleinbögen ins besondere mit Jenaer Motiven auf sich aufmerksam. Die Firma expandierte und übernahm im Jahr 2007 den Kurier- und Paketdienst Gehrt. 2010 wurde aus Krankheitsgründen des Geschäftsführers die Firma aufgegeben.

Die Lizenz wurde Ende 2003 vom Brief-Express GbR übernommen. Statt einem Radfahrer gibt es jetzt einen Postreiter im Stempelbild (Abbildung 25). Aber auch diesem Dienst war kein Glück beschieden.
Wie aus dem gestrichenen Wort „Post“ auf dem Mai-Stempel von 2004 ersichtlich (Abbildung26), gab es Auseinandersetzungen mit der Deutschen Post. Im zweiten Halbjahr 2004 stellte der „Postbote“ seinen Dienst ein; die Lizenz ging auf den „Sicheren Briefboten“ über.

Abbildung 25	Abbildung 26

Der „Sichere Briefbote“ arbeitete mit Aufklebern. Erste Belege aus dem zweiten Halbjahr 2004 enthielten Firmenangaben wie Name, Telefon-Nr., dazu das Post-Eingangs-Datum, einen Absender-Hinweis und einen Barcode für das Sendungs-Verfolgungs-System SVS (Abbildung 27).
Als Logo findet sich der Postreiter vom „Postboten“ wieder, von dem auch die Lizenz übernommen wurde.
Im Jahre 2005 wurde zweimal die Rechtsform geändert, von SBB KG zu SBB GmbH & Co KG (Abbildung 28), Ende des Jahres aber die Lizenz an den „Behörden-Kurier“ abgegeben.

Abbildung 27	Abbildung 28

Ende 2005 existieren erste Belege mit der vom „Sicheren Briefboten“ übernommenen Lizenz-Nummern, letzte Belege sind vom zweiten Halbjahr 2006 bekannt. Die Aufkleber ähneln denen vom Vorgänger, es gibt zwei verschiedene Layout-Typen (Abbildung 29). 2007 wird der Behördenkurier nicht mehr in den Lizenz-Listen der Bundesnetzagentur geführt.

Abbildung 29	Abbildung 30

Die Paketeria AG war ein seit 2003 existierendes Franchising Unternehmen. Die erste Filiale in Jena eröffnete 2007, 2008 folgten zwei weitere. 2009 stellte die Paketeria AG den Insolvenzantrag. Wie der Firmenname impliziert, wurden vorrangig Pakete und Päckchen befördert. Dazu erschienen zur Eröffnung der Jenaer Filiale am 1. Juni 2007 eine Päckchenmarke zu 3,90 Euro und eine Paket-Marke zu 5,90 Euro mit der Ansicht der „Neuen Mitte Jena’s“. Briefe wurden ebenfalls befördert und mit einem Kreis-Stempel ohne Datumsangabe und ohne Bezug auf den Aufgabeort abgeschlagen (Abbildung 30).

Belege der „Thüringer Privaten Logistik Gesellschaft“ sind nur aus dem Jahre 2007 bekannt .
Auf weißem Aufkleber gibt es zwei leicht unterschiedliche Layouts (Abbildung 31 und 32), mit einer Weltkugel als Symbol, den Firmenangaben, einem Barcode, einer laufende Nummer sowie Informationen zum Absender, zum Posteingang und zur Brief-Art.

Abbildung 31	Abbildung 32

Von Mai 2008 bis Mai 2009 existiert die MS Logisitik GbR in Jena-Burgau (Abbildung 33). Das Briefzustell-Gebiet wird im Laufe dieser Zeit auf ganz Thüringen ausgeweitet.

Dem stetigen Wachstum Rechnung tragend wird im Mai 2009 aus der MS Logistik GbR die MS Postlogistik GmbH. Das schlägt sich auch im Stempelbild nieder (Abbildung 34).

Abbildung 33	Abbildung 34

HIER das Original-PDF-Dokument zum Download.